Nicht für die Schule – fürs Leben lernen wir. Sollten wir zumindest. Manchmal klappt das auch. Durchhalten, mit Widrigkeiten fertig werden, sich auf ein Thema einlassen, mit dem man bisher so gut wie nichts zu tun hatte, zwei Stunden ohne den Blick aufs Handy aushalten, zermürbende Wartezeiten überstehen und alternative Pläne entwickeln, Teamgeist entwickeln, auf den anderen achten, der zurück geblieben ist, sich selbst organisieren, warten, Geduld haben, Kälte und Nässe aushalten und trotzdem bei guter Stimmung bleiben.
So geschehen an beiden Projekttagen im nass-kalten November. Bei Null Grad auf dem Wittener Hauptbahnhof angekommen, fallen erst einmal alle Züge aus, die uns nach Bochum bringen sollten. Übrig blieb die Straßenbahn, die für diese Distanz 40 Minuten braucht. Ausgefallene Züge bleiben der widrige Bereich der Aktion, die uns am Donnerstagabend erst gegen Mitternacht zurück zum HBF Witten brachte. Der Grundgesang für die An- und Abreise hätte nicht schrecklicher sein können.
Aber-oh Wunder – die Aktion wird allen Beteiligten als ein kostbares Juwel im Gedächtnis bleiben. Und das hat nicht zuletzt mit dem Zauber des neuen Konzerthauses in Bochum, der pädagogischen Betreuung vor Ort und vor allen Dingen mit den Musikern und der Musik zu tun, die wir dort erleben konnten. Bei der „Hörprobe“ am Mittwochmorgen durften wir- in absoluter Stille sitzend-der Probe des gewaltigen Klangkörpers lauschen, die uns das gesamte Werk „Bilder einer Ausstellung“ von Modest Mussorgski präsentierte. Auch wenn alle auf einen Fehler gewartet haben, den man bei Proben ja erwartet – wir konnten keinen erkennen.
Am Konzertabend bei vollem Haus wurde zuerst das fulminante Stück „Konzert für Klavier und Orchester Nr. 1 b-Moll op.23 gegeben, bei dem der junge Pianist so unfassbar gut spielte, dass das gesamte Publikum aus dem Häuschen geriet. Per Klatsch-Zuspruch wurde er zu zwei Zugaben ermutigt, denen dann auch das gesamte Orchester begeistert lauschte.
In der Pause tauschte man sich über das Erlebte aus und es war klar, dass alle das Gehörte sehr genossen haben. Da wir rechts und links oberhalb des Orchesters unsere Plätze hatten, konnten wir den Musikern auf die Finger schauen und das geheimnisvolle und gigantische Zusammenspiel dieses Ensembles sowohl akustisch als auch visuell genießen. Die strahlenden und begeisterten Augen der Hörer nach Beendigung des Stückes „Bilder einer Ausstellung“ können und müssen nicht kommentiert werden. „Das war ja wirklich ganz anders als ein Besuch im Kino“ – lautete der Kommentar eines Mitglieds der Klasse. Und die Klassenleitung, die mit der Unterstützung von drei Elternteilen ebenfalls begeistert und erfüllt nach dem Ereignis wieder auf dem Bahnhof in Bochum warten musste, bis irgend ein Zug nach Witten fuhr, war zwar müde, aber glücklich. „Das können wir gerne wieder machen“, ebenfalls ein Kommentar aus der Schülerschaft, blieb in ihren Ohren hängen.
Christiane Hartmann